Medienberichte

Eines der Ziele dieser Plattform ist es gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Phänomen Generation Praktikum zu erlangen.

  • Die Zeit im Bild berichtete am 19.Juli leich zweimal über unsere Initiative watchlist-praktikum.at und zitierte dabei unsere Vorsitzende Veronika Kronberger mit dem Schlüsselzitat; „Betroffene können sich jetzt wehren ohne sich exponieren zu müssen.“

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Hier geht es zum Beitrag in der ORF TVthek zum nachsehen.

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  • Anlässlich einer Podiumsdiskussion zum Thema „Generation zum Schnäppchenpreis“ mit „Investmentpunk“ Gerald Hörhan, unserer Vorsitzenden Veronika Kronberger, der Nationalratsabgeordneten Katharina Kucharowits und dem Soziologen Roland Teitzer, berichtet die Presse über die Generation Praktikum.

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generation_zum_schnppchenpreis_1385724590494340Der Beitrag zum Nachlesen:

Generation Praktikum: „Es gibt zu viele Weicheier“

Bei einer Podiumsdiskussion „Generation zum Schnäppchenpreis“ im Uni Management Club forderte „Investment-Punk“ Gerald Hörhan Engagement der Jungen und handelte sich damit jede Menge Kritik ein.

Sie leisten reguläre Arbeit und bekommen – wenn überhaupt – sehr wenig Geld dafür. Praktikanten sind in vielen Fällen nicht mehr als billige Arbeitskräfte. Auf Einladung des Uni Management Club (UNIMC) diskutierte bei der win² Half Anniversary ein hochkarätiges Podium über die „Generation zum Schnäppchenpreis“ in den Räumlichkeiten des management club in der Kärntnerstraße. Der Hintergrund der Diskussion: Immer mehr junge Akademiker absolvieren jahrelang Praktika oder werden in befristete Arbeitsverhältnisse gedrängt, nur um in ihrer Wunschbranche doch einmal Fuß zu fassen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sinken die Chancen auf eine Fixanstellung.

Investmentpunk und Autor Gerald Hörhan formulierte seinen Standpunkt sehr pointiert: „Praktika sind eine wichtige Voraussetzung für einen Job. Diese müssen nicht bezahlt sein. Gute Leute arbeiten sowieso nicht unbezahlt. Wichtig ist, dass sie was lernen. Wer neben dem Studium arbeitet, bringt auch später im Leben was weiter. Es krebsen aber leider zu viele Weicheier herum. Den Arbeitgeber zu verklagen, kann nicht das Ziel sein.“

Mit diesen Aussagen legte er sich mit Veronika Kronberger, Vorsitzende und Sprecherin der Plattform „Generation Praktikum”, an. Ihr sind die unbezahlten Praktika ein Dorn im Auge. „Die Flexibilität wird von den Unternehmen missbraucht, um das Arbeitsrecht zu umgehen. Nur wer den familiären Rückhalt hat, kann sich ein unbezahltes Praktikum leisten.“ Im Durchschnitt werden Akademiker mit 27 Jahren fertig, dann dauert es drei Jahre lang, bis sie eine Fixanstellung erhalten. Sie empfiehlt, Praktika schon während des Studiums zu machen.

„Vollzeitkräfte nicht durch Praktikanten ersetzen“

Für Katharina Kucharowits, SPÖ- Abgeordnete zum Nationalrat, gehören die Schlupflöcher geschlossen. „Es kann nicht sein, dass Vollzeitkräfte durch Praktikanten ersetzt werden. Die Leute gehören daher über ihre Rechte aufgeklärt. Nur so kann man auf Augenhöhe verhandeln.“ Nichts hält sie von einem Praktikumsgesetz. „Das führt nur zu einem Arbeitsrecht light.“ Sie schlägt ein Gütesiegel vor, das zeigt, „dass nicht nur Kaffee gekocht wird.“

„20 bis 30 Prozent der Akademiker haben einen befristeten Arbeitsvertrag“, berichtet Soziologe Roland Teitzer. Aber: Befristung ist nicht gleich Befristung und muss nicht schlecht bezahlt sein. Teitzer hat sich auch die Studienrichtungen genauer angesehen. Wer glaubt, dass Naturwissenschaftler leichter einen fixen Job finden, irrt. 35 Prozent der Physiker haben nur einen befristen Vertrag, ähnlich hoch wie bei den Politikwissenschaftlern. Teitzer spricht die gesellschaftlichen Folgen an. Wer später ins Erwerbsleben eintritt, sammelt weniger Pensionsjahre.  Auch die Geburtenrate sinkt, weil sich die Geburt eines zweiten Kindes oft nicht mehr ausgeht.

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  • Die Salzburger Nachrichten nehmen die Enquete des BMASK „Praktika – Segen oder Fluch“ zum Anlass und berichten über die prekäre Situation der PraktikantInnen, hierfür wurde auch unsere Vorsitzende Veronika Kronberger interviewt.

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SN Do 28.11.2013

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„Du bist billiger als der Strom“

Praktisch. Zwei Drittel aller von Universitäten vorgeschriebenen Pflichtpraktika werden nicht bezahlt. Die jungen Menschen werden von Unternehmen ausgenutzt. Es geht auch anders.

Karin Zauner Salzburg (SN). Anna F. will anonym bleiben, „wissen Sie, wegen meiner beruflichen Laufbahn“, sagt sie und erzählt dann von ihrem Pflichtpraktikum in einem Seniorenheim, für das sie nichts bezahlt bekommen hat. Dort hat die Absolventin einer Schule mit Schwerpunkt Sozialmanagement zwei Monate so lehrreiche Dinge wie Briefefalten gemacht und gehört: „Du bist jedenfalls billiger als der Strom für die Faltmaschine.“ An einem anderen Praktikumsplatz, einem teuren Privatkindergarten, wurde die Nichtkindergärtnerin regelmäßig mit 30 Kindern zwischen zwei und sechs Jahren allein gelassen. „Ich war völlig überfordert, ein Wunder, dass nichts passiert ist“, erzählt sie im Gespräch mit den SN.

Rund 30.000 Schülerinnen und Schüler müssen jedes Jahr in Österreich ein Pflichtpraktikum absolvieren, bei den Studentinnen und Studenten sind es 30.000 bis 40.000. Etwa 43 Prozent aller Studenten machen freiwillige Praktika. Dazu kommen noch rund 4500 Uni-Absolventen, die statt einer Anstellung nichts als ein Praktikum bekommen. Laut einer Erhebung des Instituts für Höhere Studien werden zwei Drittel der studentischen Pflichtpraktika nicht bezahlt, bei sonstigen Praktika ist es ein Drittel, bei den Praktika, die Schüler absolvieren, sind weniger als 15 Prozent unbezahlt.

Alexander M. ist 25, studiert Politikwissenschaften und hat bisher drei Praktika absolviert. Für eines bekam er 300 Euro im Monat, fürs zweite 370, fürs dritte nichts. „Ich komme aus gutem Haus, darum kann ich mir das leisten“, sagt er. Bei seinen Praktika in Non-Profit-Organisationen wurde er regelmäßig „zwei Wochen lang gut eingeschult“, um dann in den restlichen Monaten eigenverantwortlich Projekte durchzuziehen – „mit klaren Zielvorgaben und Fristen. Ich habe mich ausgenutzt gefühlt. Für mich waren das Scheinpraktika, damit sich die Organisationen eine Anstellung ersparen“, sagt der Student. Ihn stört besonders, dass die Universitäten Praktika vorschreiben oder gehörig Druck auf die Studenten ausüben, Praktika zu machen und sich dann aber nicht darum kümmern.

Deshalb hat der Verein „Plattform Generation Praktikum“ regen Zulauf. Vorsitzende Veronika Kronberger sagt, „bei Praktika besteht ein Missbrauchsrisiko, weil es keine klaren rechtlichen Regelungen gibt. Praktika müssen Arbeitsverhältnisse sein, die entlohnt werden und bei denen die jungen Menschen sozial abgesichert sind“. Auch Kronberger kritisiert Universitäten und Fachhochschulen. Sie hätten keinerlei Ausbildungsziele für Praktika und es gebe keine Qualitätsrichtlinien. Anders ist das übrigens im Bereich der Schulpraktika. Hier gibt es auch weniger Probleme mit der Bezahlung.

Warum junge Menschen abseits der Pflicht und trotz schlechter Bedingungen fieberhaft Praktikumsplätze suchen, liegt auf der Hand. Ein absolviertes Praktikum macht sich bei Jobbewerbungen gut und bietet die Chance, im selben Unternehmen später angestellt zu werden.

Dass nicht alle Unternehmen Praktikanten ausbeuten und als billige oder Gratisarbeitskräfte betrachten, zeigen die zwei Salzburger Unternehmen Palfinger und Porsche Holding: Der Kranhersteller Palfinger beschäftigt im Jahr 70 Ferial- und zehn Berufspraktikanten. Alle bekämen zwischen 800 und 1300 Euro brutto im Monat plus einem möglichen Bonus von bis zu 500 Euro, sagt Palfinger-Sprecher Hannes Roither. Das beste Beispiel dafür, was Praktika Unternehmen und jungen Menschen bringen können, sind zwei Mitarbeiterinnen von Roither. Claudia Rendl und Julia Ganglbauer sind ehemalige Praktikantinnen.

Bei der Porsche Holding in Salzburg gibt es 180 Ferialpraktikumsplätze und 66 Plätze für Berufspraktikanten. Beide Gruppen würden mindestens nach Kollektivvertrag (rund 1350 Euro) bezahlt, für besondere Leistungen gebe es Prämien, sagt Personalleiter Paul Gahleitner. „Wir nützen die Praktika ganz bewusst zur Personalsuche.“ Unter anderem fördert die Porsche Holding einen Verein, der die besten Studenten aus Osteuropa an die Wirtschaftsuni in Wien bringt. Übrigens war der jetzige Finanzchef der Porsche Holding in Kolumbien früher auch einmal Praktikant im Haus.

Von solchen Verhältnissen kann in Problembranchen wie der Kreativwirtschaft oder im Sozial- und Gesundheitswesen oft nur geträumt werden. Auch das trat am Mittwoch bei einer Praktikum-Enquete des Sozialministeriums in Wien zutage, die von der grünen Nationalratsabgeordneten Birgit Schatz initiiert wurde. „Wenn es so stark vom Zufall abhängt, ob ein Praktikant etwas lernt oder etwas bezahlt bekommt, muss es mehr gesetzliche Verbindlichkeiten geben. Schulen und Unis müssen klarer definieren, was sie erwarten und mehr Verantwortung übernehmen. Und der rechtliche Rahmen muss so gestaltet sein, dass Arbeitgeber die Ausbildungsziele erfüllen und Ausbeutung verhindert wird. “

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  • Das Profil berichtet über die „Generation Crash“ und zitiert dabei Regina Gottwald-Knoll für die Plattform Generation Praktikum und lässt auch unser Forum nicht unerwähnt

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Jung, motiviert, chancenlos: Sie investieren in Karrieren, die der Arbeitsmarkt ihnen verweigert, oder steigen gleich gar nicht in ein System ein, an das sie den Glauben verloren haben. Warum die Zukunft für viele gut ausgebildete Menschen unter 30 zum Härtetest wird.

Von Angelika Hager, Sebastian Hofer und Sebastian Huber

Die Arbeitswelt ist paradox. Auf Bewerbungen zumindest zu einem Gespräch eingeladen zu werden, war für die heute 25-jährige Susanne G.* noch vor einigen Jahren kein Problem. Inzwischen hat die Wienerin trotz größerer Berufserfahrung damit zu rechnen gelernt, nicht einmal einen Absage-Schimmelbrief zu bekommen. Dabei belegt ihr „Curriculum vitae“ Engagement, Ehrgeiz, Risikobereitschaft, Flexibilität und Individualismus. Nach der Matura verbrachte sie ein Au-Pair-Jahr in Washington, wo sie gleichzeitig Kurse für internationale Betriebswirtschaft belegte; mit 22 hielt sie ihren Magister in Theater-, Film- und Medienwissenschaft (Nebenfach Politikwissenschaft) in Händen. Während ihres Studiums absolvierte sie zusätzlich einen Speziallehrgang für Kulturmanagement. Sie beherrscht Französisch und Englisch in Wort und Schrift, Spanisch und Albanisch in Grundkenntnissen. Sie hat Jobs und Praktika in einer Unternehmensberatung, einer Münchner PR-Firma und einer Galerie mit Erfolg hinter sich gebracht.

Die Ambitionen der Dissertantin auf eine Universitätskarriere wurden unlängst einem Härtetest ausgesetzt: Ihr halbjähriges Engagement als Tutorin an ihrer Heimatfakultät schlug sich gerade einmal mit 65 Euro monatlich auf ihrem Konto nieder. Über Wasser hält sie sich durch ihre Halbwaisenpension von 600 Euro. Nach der Trennung von ihrem Freund, mit dem sich die Dissertantin die Kosten für eine kleine Wohnung teilte, fand sie kurzfristig im „Hotel Mama“ Unterschlupf: „Aber meine Mutter und ich waren uns einig, dass das keine Dauerlösung sein kann“, erzählt sie. Inzwischen lebt sie in einer WG mit einer Tänzerin und einem Architekten, die „alle älter sind als ich“, und turnt sich von Projekt zu Projekt.
„Rechnen Sie damit, bis zu 400 Bewerbungen stellen zu müssen“, erklärte ein Headhunter dem bereits mehr als verzweifelten 27-jährigen Paul T.* unumwunden. Der Tiroler beendete vor eineinhalb Jahren auf der Technischen Universität Wien sein Maschinenbau-Studium mit sehr gutem Erfolg und ist seither auf intensiver Jobsuche.

„Das ist die erste Generation nach dem Krieg, für die sich das Versprechen, für eine hochwertige Ausbildung mit einem guten Job belohnt zu werden, nicht einlöst“, analysiert der Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier das Dilemma der „Twentysomethings“ oder „Generation Y“, wie die Soziologie in Anlehnung an Douglas Couplands Jugendroman „Generation X“ aus dem Jahr 1991 die jungen Erwachsenen nennt. Heinzlmaier, dessen Schwerpunktthema die Erforschung der Lebenswelten von Jugendlichen ist, beobachtet in der Gruppe der Mitt- und Endzwanziger „eine starke Überforderung durch den Arbeitsmarkt: Der Konkurrenzdruck steigt immens. Für jeden schlecht bezahlten 1200-Euro-Job schlagen sich hunderte hoch ausgebildete Youngsters die Schädel ein.“

Die traditionellen Klischeefiguren des arbeitsmarktuntauglichen Akademikers in Gestalt des Altphilologen im 35. Semester, des professionellen Beislphilosophen oder akademisch geprüften Taxifahrers haben in den vergangenen Jahren ein neues, erheblich weiter verbreitetes Pendant bekommen: den bestausgebildeten, hochmotivierten und dennoch nicht adäquat beschäftigten Universitätsabsolventen.

Deutlich mehr Friktionen
Trotz der politischen Schönwetterparolen, wonach im Vergleich zu krisengeschüttelten Ländern wie Spanien, Frankreich, Italien, Portugal und Griechenland die österreichischen Jungakademiker und Fachhochschul-Absolventen mit einem nahezu paradiesischen Arbeitsmarkt konfrontiert seien, gibt eine gründlichere Analyse der Statistik wenig Anlass zu Optimismus. Zwar liegt die offizielle Arbeitslosenquote für Uni- und FH-Absolventen bei nur 3,4 Prozent, also immer noch einen guten Prozentpunkt unter dem Wert der Durchschnittsbevölkerung, allerdings sind Akademiker schon seit Jahren die am schnellsten wachsende Gruppe unter den Arbeitssuchenden: In den Jahren 2000 bis 2012 stieg die Anzahl der arbeitslos gemeldeten Akademiker um das Zweieinhalbfache, die Gesamtzahl der Arbeitslosen dagegen nur um ein gutes Drittel. Zuletzt verschärfte sich der Trend rasant: Im zweiten Quartal 2013 waren um über 50 Prozent mehr Akademiker arbeitslos gemeldet als im Vergleichszeitraum 2012, in Arbeitslosenquoten ausgedrückt: von 2,3 Prozent auf 3,4 Prozent in nur zwölf Monaten.

Regina Gottwald-Knoll, AK-Arbeitsmarktexpertin und Mitglied der akademischen „Plattform Generation Praktikum“, schließt aus diesen Zahlen, „dass gerade die Höchstgebildeten in einem immer größeren Ausmaß von Problemen auf dem Arbeitsmarkt betroffen sind“.

Thomas Horvath vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo ergänzt: „Die Eintrittsphase in den Arbeitsmarkt ist heute mit deutlich mehr Friktionen verbunden. Die Dauer von Beschäftigungsverhältnissen ist kürzer, atypische Beschäftigungen werden häufiger, und das Risiko, zwischenzeitlich arbeitslos zu werden, liegt deutlich höher.“ Zudem erfasst die Statistik nur jene arbeitslosen Akademiker, die den Gang zum AMS antreten, und verschleiert damit die beträchtliche Dunkelziffer ehemaliger Studenten, die mangels Arbeitslosengeldanspruchs gar nicht erst das Arbeitsamt bemühen, sondern in prekären Beschäftigungen oder verlängerten Studentenjobs ihren Existenzkampf fristen.
Im Forum der Plattform Generation Praktikum finden sich zahllose ernüchternde Beispiele für den Arbeitsalltag des zeitgenössischen Akademikers. Ein typischer Fall: Erik, 29, nach Abschluss eines Biologiestudiums (mit Auszeichnung) im Strudel der Praktikums- und Projektarbeitsrunden schwindlig gejobbt und zwei Jahre nach Studienende vollkommen frustriert: „Momentan arbeite ich übrigens am Christkindlmarkt und verkaufe Holzschmuck. Das ist heuer schon mein zehnter Job.“

Eine vom Wissenschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie über die Arbeitssituation von Uni- und FH-Absolventen ergab im Jahr 2011, dass etwa ein Viertel der Befragten nach dem Abschluss prekär beschäftigt ist, etwa als Praktikanten, geringfügig Beschäftigte oder freie Dienstnehmer. Eine gängige Strategie, den damit verbundenen Frustrationserlebnissen zumindest vorübergehend auszuweichen, bleibt die Fortsetzung des Studiums. In der Studierenden-Sozialerhebung 2009 gab ein Drittel der befragten Master-Studierenden an, nach dem Bachelor-Abschluss keine adäquate Arbeitsstelle gefunden und deshalb einen Master-Lehrgang angeschlossen zu haben. Ein Strategiemanöver mit einer paradoxen Konsequenz, denn die Schwemme der Bachelors, die einen Arbeitgeber im Schnitt 200 Euro weniger kosten, hat zur Folge, dass die späteren Masters oft leer ausgehen.

Ersteinstieg als Härtetest
Die gängigen Vorurteile über die Generation Y, die in Medien wie der „New York Times“ oder der „Neuen Zürcher Zeitung“ als zögerlich, unentschlossen, weltfremd und verwöhnt vom satten Lebensstandard ihrer Babyboomer-Eltern dargestellt wird, widerlegt eine repräsentative Studie der „Allianz Gruppe Österreich“, die sich mit den Einstellungen und Prioritäten der unter 30-Jährigen in Österreich auseinandersetzt und kommende Woche präsentiert wird. „Diese Generation ist alles andere als faul“, so die Leiterin der Allianz-Personalabteilung Inge Schulz: „Sie weiß genau, was sie will, und ist bereit, dafür auch sehr viel zu investieren. Dass sich die jungen Erwachsenen freiwillig in das Job-Hopping stürzen, entspricht nicht der Realität. Sie würden sich durchaus auch gern längerfristig an ein Unternehmen binden.“ Ihre Erfahrung zeige, so Schulz, dass besonders der Ersteinstieg für Job-Aspiranten zum Härtetest werden kann: „Es ist besonders schwierig, aus jener Masse hervorzutreten, die zwar eine Ausbildung, aber noch keine Berufserfahrung vorzuweisen hat.“ Das bestätigt auch der 26-jährige Wirtschaftsingenieur Paul T., dessen Jobsuche bereits über ein Jahr dauert: „Bei mehreren Bewerbungen ist es mir gelungen, in die Endausscheidung zu kommen. Letztlich scheiterte es aber immer an meinem Mangel an Praxis.“

Guido Strunk ist Ökonom und Chaosforscher. Mit den Methoden der Chaostheorie untersucht er die Karrierewege von Absolventen der Wirtschaftsuniversität Wien auf durchgängige Muster: „Man kann sich die Karrieren in den 1970er-Jahren wie eine ständig steigende Fieberkurve vorstellen. Schon in den 1990er-Jahren wurde die Kurve immer zittriger. Im Jahr 2000 waren schon fast keine Muster mehr vorhanden.“ Sein Fazit: „Man kann sich vor allem in Wirtschaftsberufen auf nichts mehr einstellen.“
Seit der Finanzkrise 2008 sind die Anforderungen der potenziellen Arbeitgeber an Newcomer noch rigoroser geworden. „Häufig lesen sich die Personalwünsche der Unternehmen wie Briefe ans Christkind. Die Anforderungen für Jobsuchende haben sich enorm verschärft“, erklärt Charlotte Eblinger, Geschäftsführerin der Eblinger & Partner Personal- und Managementberatung. Jene, die beim elitären Ausbildungsmarathon nicht mitmachen können oder wollen, kommen dabei unter die Räder. Die Matura ist in der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation nicht viel mehr wert als ein Pflichtschulabschluss: Nur jeder fünfte Österreicher mit AHS-Abschluss findet innerhalb von drei Monaten einen Job, 40 Prozent suchen nach mehr als einem Jahr noch immer.

Die Zahl der Hochschulabsolventen hat sich im Zeitraum von 1970 bis 2011 fast verfünffacht. Gleichzeitig sinken auch die Einstiegsgehälter in allen Ausbildungssparten. Das belegt eine Studie des Beratungsunternehmens C2X: Fachhochschul-Bachelor verdienten 2012 im Schnitt 3,6 Prozent weniger als 2011; Hochschul-Magistri mussten einen finanziellen Schwund von 4,7 Prozent hinnehmen; am härtesten trifft die Entwicklung Maturanten, die mit einem um 9,90 Prozent geringeren Einstiegssalär ihr Auskommen finden mussten.

Dass das „Hotel Mama“ vor dem Hintergrund dieser Entwicklung erneut zum Zufluchtsort wird oder erst gar nie verlassen wurde, erscheint da nur folgerichtig. Inzwischen lebt jeder zweite 25-jährige Mann in Österreich bei Muttern; 1971 war es nur jeder dritte. Bei den jungen Frauen ist der Trend noch ausgeprägter: Während vor 40 Jahren nur jede Neunte in dieser Altersgruppe zu Hause lebte, ist es inzwischen schon jede Dritte.
Das Erwachsenwerden im traditionellen Sinn, mit fixer Anstellung, eigener Wohnung und Familiengründung, ist heute oft schlicht nicht mehr leistbar. „Ich habe monatlich nicht mehr als 200 Euro ‚funny money‘ zur Verfügung, wenn ich in den Projektjobs, die mir am Herzen liegen, arbeite“, erklärt Susanne G: „Kosmetika und Restaurantbesuche sind inzwischen ein echter Luxus für mich geworden. An Familiengründung ist momentan nicht einmal zu denken, obwohl das natürlich irgendwann auf meinem Lebensplan stünde.“

Das Durchschnittsalter von Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes hat sich inzwischen bei knapp über 30 Jahren eingependelt. Die Pensionskatastrophe erscheint durch die schrumpfenden Geburtenraten und den immer länger hinausgezögerten Zeitpunkt für eine Familiengründung programmiert. Denn weniger Kinder bewirken mittelfristig einen Rückgang der arbeitsfähigen Bevölkerung und somit auch einen Rückgang der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung.
„Die Bildungsexpansion der letzten Jahrzehnte dehnt die Jugendphase aus. Und so lange man noch seine Ausbildung macht, bekommt man keine Kinder, so lautet nun einmal die soziale Norm. Kinder muss man sich auch leisten können“, erklärt Beate Großegger vom Institut für Jugendkulturforschung.

Auch die ferne Zukunft der aktuell so krisengeschüttelten Generation Y sieht die Entwicklungspsychologin Ulrike Sirsch alles andere als rosig: „Es könnte gut sein, dass diese Generation ihre eigenen Kinder noch im Haus haben wird, wenn sie damit beginnen muss, die eigenen Eltern zu pflegen, und somit einer dreifachen Belastung ausgesetzt sein wird.“
Der Konkurrenzdruck und die verschärften Arbeitsmarktbedingungen reanimieren den Yuppie der 1980er-Jahre, der mit Ehrgeiz und Ellbogentechnik seine Mitbewerber aus dem Feld schlägt und manchmal schon als Mittdreißiger mit als „Burn-out“ etikettierten Erschöpfungsdepressionen flachliegt.

Daneben entsteht eine Welle von „idealistischen neuen Selbstständigen“, die einen niedrigeren Lebensstandard für eine Existenz in Freiheit und Flexibilität in Kauf nehmen, wie die 30-jährige Medienwissenschafterin Iris S. Die Diplomandin pendelt zwischen Wohngemeinschaften in Wien und Berlin. Nach einer Reihe von Praktika als Auslandsjournalistin jobbt sie zur Zeit als Reisebegleiterin für Jugendliche, die Holocaust-Gedenkstätten besuchen, und arbeitet an einem Ruanda-Projekt: „Das gibt mir ungleich mehr als alles, was ich zuvor gemacht habe. Ich weiß, dass es in meinem Bereich keine 40-Stunden-Fixanstellung spielen wird, und passe mein Lebenskonzept dementsprechend an.“ Das Gros ihres gleichaltrigen Bekanntenkreises lebt ebenfalls in Wohngemeinschaften: „Wir scherzen dabei oft, dass, wenn alles so weitergeht, wir direkt in die Alters-WG schlittern werden, die wir ohnehin geplant hatten. Aber irgendwann hätte ich doch gern Familie außerhalb einer solchen Wohnsituation.“
Als dritter markanter Typus kristallisieren sich die Systemverweigerer heraus, die trotz guter Ausbildung nicht den konventionellen Weg gehen wollen, weil sie ihren Glauben an Berufe, „die den Menschen ausüben“, wie Alfred Polgar es umschrieb, längst verloren haben.

Wenn Reka Horvath, 29, hunderte Liter schäumendes Bier in kleine Plastikbecher pumpt, vergisst sie oft, dass sie eigentlich Diplomingenieurin und Wirtschaftsmathematikerin ist. Ein paar Monate im Jahre unterrichtet sie an der Alternativschule Walz Mathematik. Um ihre eigentliche Leidenschaft, das Globetrotten, ausleben zu können, pfeift sie auf einen Fixjob: „50 Stunden in der Woche in einem Büro verbringen? Das würde mich erdrücken.“

Für Reka lässt sich eine gelungene Lebenskarriere nicht in Geld und Statussymbolen messen. „Was ich in fünf Jahren arbeiten werde, weiß ich noch nicht“, erklärt sie gelassen, während sie in ihrer Küche kochendes Wasser auf Schwarztee gießt. Lachend fügt sie hinzu, dass sie ohnehin 70 Euro monatlich in eine private Pensionsvorsorge einzahle. Demnächst wird sie am Christkindlmarkt Kakao ausschenken. Sich bloß nicht festlegen auf etwas, was man später bereuen könnte, und dabei wertvolle Lebenszeit vergeuden. Bei einer China-Reise wurde Reka von einer Einheimischen gefragt: „Arbeitest du noch oder spielst du schon?“ Die Antwort lautete ganz klar: „Ich spiele noch.“

Reka Horvath, 29

So sieht der Traum aller Personalchefs aus: abgeschlossenes Studium der Wirtschaftsmathematik an der TU Wien, Berufspraxis als Mathematik-Tutorin an der Wiener Privatschule Walz, ausgiebige weltweite Reiseerfahrung, außerdem noch, rein interessehalber, Teilzeitstudien in Jus, Astronomie und Philosophie. Und dann platzt der Human-Resources-Traum mit zwei Sätzen, die Reka Horvath sagt: „Ich will einfach nicht 50 Stunden in der Woche in einem Büro verbringen. Das würde mich erdrücken.“ Die 29-Jährige hat bei ehemaligen Studienkollegen gesehen, dass sich mit ihrem Abschluss viel Geld verdienen ließe und dass das zulasten von Lebensfreude gehen kann. Dass das nichts ist, wonach sie streben wird, hat Reka Horvath schon früh erkannt, und sie hat genug Selbstbewusstsein, sich nicht in klassische Lebenslaufvorstellungen pressen zu lassen. Sie zählt zu einer Generation, für die eine brave Anstellung kein Lebensinhalt ist, zumindest keiner, den man um jeden Preis anstreben muss. Reka Horvath hat Zeit – und sie nimmt sie sich. Also arbeitet sie ein paar Monate im Jahr an der Walz-Schule, jobbt nebenbei im Event-Catering oder am Christkindlmarkt und geht dann ein paar Monate auf Reisen. So sieht der Patchwork-Traum einer modernen 29-Jährigen aus.

Daniel Stifter, 29

„Die Leerstellen in meinem Lebenslauf waren für mich vielleicht die wichtigsten,“ meint Daniel Stifter, denn: „In diesen stillen Momenten in der Biografie passiert unheimlich viel, auch wenn man das nicht in seine Bewerbungsunterlagen schreiben kann.“ Nicht, dass es sehr viele solcher Lücken im Lebenslauf des 29-Jährigen gäbe: Philosophiestudium in Wien, daneben erstes Startup gegründet (ein Fast-Food-Franchise-Konzept), danach Shiatsu-Ausbildung in Wien und Berlin, daneben Leitungsfunktion im Großhandel, Kurzfilmproduktionen, inzwischen hauptamtliche Shiatsu-Praxis in Wien. „Ich hatte den Luxus, mich nicht für das Prestigeträchtigste zu entscheiden, sondern für das, wofür ich die meiste Leidenschaft aufbringe. Und ich denke, dass viele aus meiner Generation sich dieser Möglichkeit bewusst werden. Gleichzeitig stelle ich fest, dass auch Personalchefs langsam umdenken.“
In seiner Phase als Großhandelskaufmann hat Stifter „gesehen, was es bedeutet, Personalentscheidungen anhand von Excel-Tabellen zu treffen. Und dass das eben nicht eine Performance-Zahl ist, die da vor dir steht, sondern der Hans oder der Peter. In der Tabelle siehst du nicht, dass Peter ein Potenzial hat, das vielleicht erst in drei Monaten voll aufblüht.“ Seither ist Stifter überzeugt, „dass Personalchefs auch über Gefühle reden dürfen müssen, über Sympathie und Integrität, und dass Firmen Querdenker brauchen, durchaus auch Verrückte. Dafür müssen natürlich neue Strukturen geschaffen werden, die nicht ins McKinsey-Schema passen. Aber diese Veränderung wird passieren. Und unsere Generation wird diese Veränderung auslösen.“

Carmen Subota, 28

Carmen hat etwas, was viele Studenten angesichts der aktuellen Arbeitsmarktentwicklung gern hätten: einen Plan B, genauer: eine Zweitkarriereoption. Vor ihrem Studium der Geografie und Internationalen Entwicklung absolvierte die Oberösterreicherin eine Friseurlehre; auch neben der Uni arbeitete sie noch 20 Wochenstunden in einem Wiener Frisiersalon. Das erzeugt eine gewisse Gelassenheit: „Vor meiner Zukunft am Arbeitsmarkt fürchte ich mich nicht. Ich habe schon mehrere interessante Praktikumsangebote bekommen, will mir aber erst noch Gedanken darüber machen, in welche Richtung ich mich spezialisieren möchte. Und wenn meine aktuellen Pläne nicht aufgehen, schneide ich eben wieder Haare.“ Dass man sich mit 28 Jahren schon etwas konkreter festlegen sollte, weil das eben so dazugehört zum Erwachsensein, hält Subota für ein Gerücht. Außerdem: „Ehrlich gesagt, weiß ich nicht einmal genau, was es heißt, erwachsen zu sein.“ Eine Vermutung hat sie freilich schon: „Der Ausdruck hat etwas Negatives. Erwachsensein, das klingt nach Vernunft und Verzicht. Haus, Familie, Ehe – da überwiegt für mich der fade Beigeschmack. Das ist eine Rolle, in die ich mich nicht hineindrängen lassen will.“

Scharmien Zandi, 26

Optimismus ist keine ökonomische Kategorie, zumindest dann nicht, wenn man eine Karriere als Musikerin und Schauspielerin anstrebt. Optimismus ist etwas, das man hat – so wie Scharmien Zandi, die in Wien erst einmal zwei Jahre lang Architektur, danach Musik und Gesangspädagogik studiert hat und sich nun, unter anderem, als Texterin für eine Bluesrock-Band und als Musikpädagogin in Kindergartengruppen durchschlägt. Immerhin, es reicht, um finanziell von den Eltern unabhängig zu sein. „Ich bin optimistisch, was meine nahe Zukunft angeht“, sagt die gebürtige Kärntnerin, und: „In meiner Branche braucht man halt auch ein gewisses Maß an Glück.“ Dass sie mit Teilzeitjobs und Gelegenheitsauftritten ihr Auskommen finden muss, bedeutet für die 26-Jährige übrigens noch lange nicht, dass sie nicht erwachsen wäre: „Erwachsensein hat für mich nichts mit Karrieremachen, Heiraten und Kinderkriegen zu tun. Viele Menschen mit Kindern sind nicht erwachsen.“ Aber was ist das dann, Erwachsensein? „Das hat mit Verantwortung zu tun, mit emotionaler, sozialer, wirtschaftlicher Verantwortung. Das fängt schon bei den kleinen Dingen an – von mir aus auch schon beim Mülltrennen.“

Mitarbeit: Christoph Hüttner

  • Interview mit Veronika Kronberger für das ORF ZIB Magazin und Bericht über die Generation Praktikum

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  • Der Standard berichtet über „Prekäre Arbeit und lange Studienzeiten in Europa“, wobei auch Praktika nicht unerwähnt bleiben und Veronika Kronberger für die Plattform Generation Praktikum zitiert wird

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Der Beitrag zum Nachlesen:

Prekäre Arbeit und lange Studienzeiten in Europa

Zwei Drittel der Studierenden Österreichs arbeiten – meist in unsicheren Jobs. Das hat Auswirkungen auf die Studiendauer

Wien/London – Sie arbeiten an Wochenenden und am Abend, für wenig Geld, ohne Versicherung, und das für Jobs, die mit dem Studium oft nichts zu tun haben. Prekarität dominiert die studentische Arbeitswelt, viele nehmen das achselzuckend in Kauf. Denn sie gehen davon aus, es sei „nur temporär“, meint Nick Clark vom Forschungsinstitut „Working Lives“ in London, das das EU-Projekt „Precstude“ (Precarious work amongst students in Europe) leitet. Laut Schätzungen machen Studierende fünf Prozent der europäischen Arbeitskraft aus, das sind 8,9 Millionen Menschen.

Die Bedingungen, unter denen diese Gruppe arbeitet, könnten sich negativ auf den Arbeitsmarkt im Allgemeinen auswirken, betont der kurz vor Veröffentlichung stehende Endbericht von Precstude und warnt vor Lohndumping. Die schlechten Arbeitsbedingungen, die geboten und angenommen werden, führen zu einer Entsolidarisierung zwischen Studierenden und Arbeitnehmern, sagt Barbara Marx, Leiterin der Bundesfrauenabteilung der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp).

Zwei Drittel arbeiten

Insgesamt arbeiten in Österreich fast zwei Drittel aller Studierenden, im OECD-Vergleich ist dies der höchste Anteil. Das hänge mit der Stipendienkultur in Österreich zusammen, sagt Marx. Denn in der Regel ist die staatliche finanzielle Unterstützung zu gering, um den Lebensunterhalt zu sichern. 80 Prozent der Studierenden, die einen Job haben, geben in der Studierenden-Sozialerhebung an, aus finanzieller Notwendigkeit zu arbeiten.

46 Prozent stufen ihren Job als „wenig studienadäquat“ ein. Laut Precstude ist das ein europaweites Phänomen. Relevante Berufserfahrungen werden in Praktika gesammelt. Dabei sind 56 Prozent aller Praktika unbezahlt, kritisiert Veronika Kronberger, Vorsitzende der Plattform Generation Praktikum. Je einkommensstärker der soziale Hintergrund, desto öfter würden Praktika gemacht und so auch Qualifikation erworben. „Sie sind klar sozial selektiv.“

Aber auch nach dem Studienabschluss gehören Praktika zum Arbeitsalltag: „Mit der Hoffnung, dass diese in einen unbefristeten Job übergehen, werden auch nach der Graduierung Praktika absolviert“, sagt Hubert Eichmann, Mitarbeiter beim Forschungsinstitut Forba. Wobei auch nach dem Abschluss, die Hoffnung „einen Fuß in die Türe zu bekommen“ der Bezahlung vorgeht.

Das Problem ist zudem, wie Clark betont, dass „langsam auch Studierenden dämmert, dass ihre Nebenjobs nach Studienabschluss an ihnen hängenbleiben könnten“. Die schlechten Arbeitsbedingungen, die während des Studiums noch gerne in Kauf genommen werden, würden dann zum Alltag.

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  • Interview von Veronika Kronberger für die „Wiener Zeitung“ Print und online zum Thema „Die versteckten Arbeiter – Ist aus dem Praktikum längst ein illegaler Arbeitsmarkt geworden?“

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Der Beitrag von Clemens Neuhold zum Nachlesen:

Die versteckten Arbeiter

90 Prozent der Praktika sind reine Arbeitsverhältnisse, kritisiert die Plattform Generation Praktikum.
Die unsichtbaren Wähler: Generation Praktikum spielt für Wahl marginale Rolle – im Unterschied zur „Generation Pension“. V. Kronberger

 
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Wien. Ein Architekturstudent, der für sein Pflichtpraktikum kein Geld bekommt, sondern dafür bezahlen muss – für Veronika Kronberger von der Plattform Generation Praktikum das bisher krasseste Beispiel von Missbrauch studentischer Arbeitskraft. In England seien solche Praktiken üblich, in Österreich noch auf einzelne schwarze Schafe beschränkt. Doch wenn es um einen fairen Lohn für das Praktikum geht, sieht sich Kronberger von schwarzen Schafen geradezu umringt. „60 Prozent der Pflichtpraktika sind unbezahlt“, schätzt Kronberger. „Gleichzeitig haben nur die wenigsten einen klassischen Ausbildungscharakter. Meistens handelt es sich um reine Arbeitsverhältnisse.“ Deswegen fordert die ehrenamtliche Plattform, die mit der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer kooperiert, einen radikalen Schritt: Pflichtpraktika sollten dem Arbeitsrecht unterworfen werden. Vorbild ist Frankreich. Dort müssen alle Praktikanten angemeldet und adäquat entlohnt werden.

Schritt in die Wirtschaft
Mit der europäischen Hochschulreform (Bologna-Prozess), die 2000 startete, nahm die Zahl der Pflichtpraktika rasant zu. Kronberger spricht von 310.000 Pflichtpraktika im universitären Bereich und in den Schulen wie Handelsakademien oder HTLs. Diese Entwicklung hat aus ihrer Sicht zu einem „parallelen Arbeitsmarkt“ geführt, auf dem „junge Leute illegal beschäftigt werden“. Von ihren Erfahrungsberichten her ist Kronberger überzeugt: „Die Situation wird immer drastischer und schlimmer.“

Was tut die Politik im Wahljahr dagegen? Die SPÖ und die Grünen fordern ein eigenes Gesetz, das Praktikanten besserstellt. Doch das wäre für Kronberger „praxisfern“. Sie warnt vor einem „Arbeitsrecht light“. Man dürfe Umgehungsverhältnisse nicht legalisieren.

Wo kein Kläger . . .
Auf der Sozialpartnerkonferenz in Bad Ischl verwies Sozialminister Rudolf Hundstorfer auf Gesetze gegen solche Umgehungen. Doch Kronberger sagt: „Es gibt keine Kläger.“ Niemand wolle sich mit potenziellen Arbeitgebern anlegen und sich die Einfahrt in den sicheren Jobhafen verbauen.

Der Bundesvorstand und Bildungssprecher der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft, Florian Lerchbammer, warnt vor einer arbeitsrechtlichen Verankerung des Praktikums. „Die Zahl der Praktika würde extrem abnehmen, weil es sich Klein- und Mittelbetriebe nicht leisten könnten, einen Praktikanten wie eine Vollzeitkraft zu entlohnen. Das widerspricht dem Grundgedanken.“ In der Verwaltung habe eine neue Regelung für Praktikanten die Zahl der Plätze deutlich reduziert. Eingeführt wurde eine Art Mindestlohn. „Das ist natürlich eine soziale Verbesserung. Aber gleichzeitig kommen jetzt weniger Anwärter überhaupt zum Zug“, sagt Lerchbammer.

Gratisjahr im AKH
Aber auch der Uni-Politiker kennt den wachsenden Druck, der auf den Schultern der Generation Praktikum lastet. „Es kann nicht sein, dass Medizinstudenten im klinisch-praktischen Jahr im Krankenhaus mitarbeiten und nichts bekommen. Vor allem dann, wenn die Studenten keine Familienbeihilfe mehr haben und das Krankenhaus außerhalb des Wohnortes liegt. Das ist dann noch dazu mit Mehrkosten verbunden.“ Aufwendige und teure Praktika in Botschaften könnten sich überhaupt nur Kinder von Eltern mit „dicker Brieftasche“ leisten. „Gute Praktika dürfen nicht nur etwas für Betuchte sein.“ Lerchbammer fordert „behutsame“ Lösungen wie das Gütesiegel Praktikum. Damit werden Betriebe und Institutionen ausgewiesen, die Praktikanten fair behandeln.

Auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sieht beim Praktikum nicht die Frage der Bezahlung, sondern die der Ausbildung im Vordergrund. Ein vom Ministerium in Auftrag gegebener Jugendmonitor hat ergeben, dass knapp 50 Prozent der befragten Jugendlichen für ihre Arbeit in einem Praktikum bezahlt wurden. Doch nicht das Geld, sondern das Sammeln von Erfahrung sei herausragendes Motiv. Mitterlehner setzt auf eine Checkliste für Qualitätspraktika, die den Zugang zum Praktikum erleichtern soll.

Für Kronberger ist der Fokus auf die Ausbildung zu eng, denn das Problem reiche längst über das Studium hinaus. „Ich kenne Akademiker, die bis 35 in der Praktikumsschleife hängen – selbst wenn sie dazwischen kurz angestellt oder freie Dienstnehmer waren. Da reden wir zum Beispiel von 80-Stunden-Jobs in der Bank über Monate. Was hat das noch mit einer Ausbildung zu tun?“

Wenn sich die Situation nicht bessert, überlegt die Plattform, eine „Shaming-Liste“ einzurichten -also eine Art öffentlichen Pranger für Firmen und Stellen, die Praktikanten schlecht behandeln.

Hört uns jemand?
Im Wahlkampf war über die Generation Praktikum wenig zu hören. Dafür umso mehr über die Generation Pension. Kein Wunder: Die ist homogener und stellt ein Drittel der Wähler. Ihnen werden „sichere Pensionen“ versprochen. Für Akademiker in der Praktikumsschleife ist nur eines sicher: Sie sind eine jener Gruppen, die laut Experten durch die vergangenen Pensionsreformen mit den größten Einbußen rechnen müssen.

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  • News berichtet über die Arbeitsbedingungen von PraktikantInnen und zitiert Veronika Kronberger für die Plattform;

„Arbeiten bis der Arzt kommt –

Ununterbrochene Erreichbarkeit und lange Arbeitszeiten gefährden Mitarbeiter“

Hier geht es zum Beitrag.
http://www.news.at/a/arbeitsbedingungen-fuer-praktikanten
Der Beitrag von Daniel Steinlechner zum Nachlesen:

Investmentbanker haben in der aktuellen Wirtschaftskrise keinen guten Ruf. Unter welch brutalen Arbeitsbedingungen jedoch gerade die Berufseinsteiger und Praktikanten in dieser Branche zu leiden haben, fällt dabei nur allzu leicht unter den Teppich. Der Tod eines Praktikanten von Merrill Lynch rückt nun diese Zustände in den Fokus. Auch in Österreich ist die Lage nicht viel besser.

Früher war Investmentbanking ein eher gemütlicher Job. Es gab lange Mittagspausen, die stark regulierten Märkte bewegten sich nur langsam und es ging vor allem darum Kontakte zu pflegen. Alles änderte sich mit der Liberalisierung der Finanzmärkte. London wurde zu Europas Bankenmekka und plötzlich war es möglich und auch notwendig 24 Stunden am Tag Investmentbanking anzubieten. Denn wenn die Börsen in Europa schließen, sperren sie in den USA erst auf und in der Nacht folgen die Börsen Asiens. Rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr werden so in jedem Augeblick Milliarden bewegt.

Investmentanker wurden und werden bis heute extrem gut bezahlt. Dafür müssen sie ihren Kunden ein 24-Stundenservice anbieten. Im „Guardian“ beschreibt der frühere Investmentbanker und heutige Journalist Seth Freedman diese Zustände. Er erzählte, dass von ihm erwartet wurde 24 Stunden am Tag verfügbar zu sein. Er musste ständig zwei Handys dabei haben um auch mitten in der Nacht Wünsche von Kunden zu erfüllen, die in Asien investieren wollten. Das war der einzige Weg um in der Hierarchie der Bank aufzusteigen. Freedman kündigte schließlich als er merkte, dass Investmentbanking zunehmend sein ganzes Leben auffraß.

Kaum Produktivität

Dem „Businessinsider“ erzählte ein Praktikant einer US-Bank, dass er oft sieben Tage am Stück arbeitete und dabei auf 100 bis 120 Wochenstunden kam. Wach hielt er sich mit Unmengen an XXL-Energy-Drinks. Oft arbeitet er bis in die frühen Morgenstunden und er konnte sich nicht erinnern, jemals vor zehn oder elf Uhr die Firma verlassen zu haben.

Dazu kommt die britische Trinkkultur. In vielen Investmentbanken ist der gemeinsame Pub-Besuch üblich. Nach kurzen aber intensiven Alkoholexzessen und wenig Schlaf folgen extrem lange Arbeitstage. Eine frühere Praktikantin einer Investmentbank erzählte NEWS.AT: „Die Firmenkultur beruht auf dem Prinzip möglichst lange auszuharren. Dass alleine schon wegen des intensiven Alkoholkonsums und der chronischen Übermüdung die Produktivität auf der Strecke bleibt ist kaum ein Thema. Investmentbanking ist eine sehr männlich geprägte Welt. Ein harter Hund zu sein und möglichst lange durchzuhalten, zählt oft mehr als die Resultate der eigenen Arbeit.“

Weniger arbeiten – mehr leisten

Arbeitsmediziner weisen seit langem auf den Zusammenhang von kürzeren Arbeitszeiten und höherer Produktivität hin. Auch die OECD kam in Studien zur Arbeitsproduktivität zum Schluss, dass Franzosen wesentlich produktiver arbeiten würden als Deutsche. Zurückgeführt wird das auf die dortige 35-Stunden-Woche. Diese führt zwar zu kürzeren Arbeitszeiten aber offenbar wird die Zeit produktiver genützt.

Veronika Kronberger, Vorsitzende der Plattform „Generation Praktikum“, erklärte in einem Beitrag für die AK und ÖGB Zeitschrift „Arbeit & Wirtschaft“, dass auch in Österreich die Arbeitsbedingungen der Praktikanten prekär sind. Der Berufseinstieg würde sich immer mehr verschieben und Praktika würden immer häufiger keine Ausbildungsverhältnisse sondern versteckte Arbeitsverhältnisse sein. Sie kritisiert auch eine fehlende Protestkultur der Praktikanten. In Frankreich hätten die Proteste von Jugendlichen beispielsweise bewirkt, dass die unbezahlte Arbeit verboten wurde. Auch in Österreich hätten Klagen vor Arbeitsgerichten gegen unfaire Beschäftigungsverhältnisse gute Chancen. Allerdings sei das Wissen über die eigenen Arbeitsrechte oft schwach ausgeprägt. Beispielsweise sei es wenig bekannt, dass sich derartige Klagen auch drei Jahre im Nachhinein einbringen lassen.

Wenig gesetzliche Verbesserungen

Seth Freedman kommt in seinem Beitrag für den „Guardian“ zu einem ähnlichen Schluss. Praktikanten und Berufseinsteiger fühlen sich fast immer hilflos im Kampf gegen unfaire Arbeitsverhältnisse. Steht doch ein Heer von Freiwilligen bereit, von denen jeder sie sofort ersetzen könnte. Auch Kronberger beklagt in ihrem Artikel, dass die gesetzliche Verbesserung der Praktikumssituation nur langsam vorankommt.

Auch für Firmen und insbesondere Banken würde es sich vermutlich auszahlen, besser auf die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter einzugehen. Im Juni wurde der Fall eines Bankers in Hessen bekannt, der irrtümlich 222,2 Millionen Euro überwies. Er war eingeschlafen und kam dabei aus Versehen an den Tasten an. Statt 62,4 Euro überwies er Millionen. Billiger wäre es für die Bank wohl gewesen den Banker manchmal auch schlafen zu lassen.

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  • Interview von Veronika Kronberger für „Arbeit und Wirtschaft“ das Magazin der Arbeiterkammer und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes
„Schwerpunkt Generation Praktikum – Praktika können den Einstieg ins Berufsleben
fördern. Für viele junge Menschen sind sie jedoch ein weiterer Schritt ins Prekariat.“
Hier geht es zum Beitrag.
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Das Interview mit Irene Steindl zum Nachlesen:
Praktika unterliegen in Österreich in der Praxis nicht dem regulären Arbeitsrecht.
Veronika Kronberger spricht über die akuten Probleme und die Situation in anderen
europäischen Ländern.

Geht es nach Veronika Kronberger, ist die Generation Praktikum kein Mythos, sondern drastische Realität. In der gesamten EU sind mehrere Millionen junger Menschen als Praktikantinnen und Praktikanten beschäftigt. In vielen EU-Staaten hat sich ein regelrechter „PraktikantInnen-Arbeitsmarkt“ entwickelt. Die Generation Praktikum ist auch eine Generation des „Es wird schon irgendwie gehen“.

Späterer Eintritt ins Erwerbsleben

In Zeiten steigender Jugendarbeitslosigkeit geben sich junge Erwachsene schneller am Arbeitsmarkt zufrieden. Hauptsache arbeiten, egal was und unter welchen Bedingungen. Langfristig kann das laut Kronberger nicht funktionieren. Die Vorsitzende der Plattform „Generation Praktikum“ verweist auf die schwerwiegenden sozialen und ökonomischen Folgen des wachsenden Praktikum-Daseins.
Schon jetzt haben sich fixe Anstellungen im Vergleich zu den 1990ern um fünf bis zehn Jahre verschoben. Frauen bekommen später Kinder und die Kaufkraft junger Erwachsener verschiebt sich entsprechend nach hinten. Es ist fraglich, wie lange sich die Wirtschaft den Wegfall dieser wichtigen Zielgruppe leisten kann. Mit dem späteren Eintritt ins Erwerbsleben sind massive Einbußen bei den Pensionsansprüchen verbunden. Vor allem für Frauen ist diese Entwicklung ein weiterer Schritt in die Altersarmut.
Zum besseren Verständnis der Entwicklung einer eigenen Generation ist ein historischer Vergleich der letzten 30 bis 40 Jahre hilfreich. Mit dem Anstieg an Maturantinnen und Maturanten sowie Studierenden seit Ende der 1970er sind mehr qualifizierte junge Leute auf den Arbeitsmarkt geströmt. Ende der 1990er begannen Unternehmen, berufsadäquate Erfahrungen bereits beim Arbeitseintritt zu fordern. Erfahrungen, die vielen Studierenden fehlen und nach ihrer Ausbildung durch Praktika nachgeholt werden. Der Bologna-Prozess verschärfte diese Forderungen und machte Pflichtpraktika zur Voraussetzung zahlreicher Studienabschlüsse. Das Phänomen „Praktikum“ hat sich so seit den 2000er-Jahren auch in Österreich etabliert. Die Plattform „Generation Praktikum“ erforscht dieses Phänomen und betreibt Lobbying mit dem Ziel, bessere Arbeitsbedingungen für Praktikantinnen und Praktikanten zu erzielen. Bei ihrer Gründung im Jahr 2006 gab es weder statistisches Datenmaterial noch arbeitsmarktpolitische Studien über deren Situation. Seither wurde einiges dazu publiziert.

Was ist ein Praktikum?

Der Überblick über die Lage in Österreich bleibt jedoch unbefriedigend. Die Schwierigkeit liegt unter anderem darin, Praktika zu klassifizieren. Sprachlich wird meistens nicht zwischen Volontariat, Ferialjob, Pflichtpraktikum oder Traineeship unterschieden. Aus rechtlicher Sicht sind die Unterschiede jedoch gravierend. Ob es sich um ein Praktikum handelt und wenn ja, um welches, ist weniger von der Vereinbarung zwischen ArbeitgeberIn und PraktikantIn abhängig als von der tatsächlichen Ausgestaltung der Beschäftigung.

Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis?

Praktika können in Österreich als Arbeitsverhältnisse im Rahmen einer befristeten Anstellung oder als Ausbildungsverhältnisse gestaltet sein. Im Falle eines Ausbildungsverhältnisses besteht weder Anspruch auf Bezahlung, noch gilt das Arbeitsrecht. Diese Form von Praktika liegt vor, wenn keine Arbeitspflicht, keine persönliche Abhängigkeit, keine fixen Arbeitszeiten und keine Eingebundenheit in den betrieblichen Arbeitsprozess bestehen. Zudem muss der Ausbildungszweck gegenüber der Arbeitsleistung überwiegen.
Der springende Punkt ist laut Kronberger, dass Praktika zunehmend ihren Ausbildungscharakter verlieren und faktisch Arbeitsverhältnisse sind, ohne rechtlich als solche gehandhabt zu werden. Praktikantinnen und Praktikanten arbeiten häufig unter schlechten Bedingungen, ohne Kranken- und Sozialversicherung und in Form von Ketten-Praktika. Die Chancen auf reale Beschäftigung sind gering.
Die Arbeitsbedingungen hängen von der Form des Praktikums und der Branche ab. Pflichtpraktika in Schulen sind besser geregelt als Praktika von Studierenden und Graduierten. Besonders problematisch erweisen sich einzelne Branchen wie im Sozial- und Gesundheitsbereich, bei zivilgesellschaftlichen Organisationen oder in der PR- und Medienbranche. Hohe Arbeitsbelastungen bei geringer Entlohnung gehören hier zum Praktikumsalltag.

Fehlende Protestkultur

Obwohl ein Großteil der Praktika Arbeitsverhältnisse sind und entsprechend entlohnt werden müssten, wagen die wenigsten Praktikantinnen und Praktikanten den Schritt zur Klage. Einerseits weil es an Informationen über Rechte und Mitbestimmungsmöglichkeiten fehlt, andererseits fürchten viele Nachteile beim Berufseinstieg. Laut Kronberger sei das gefährlich, da langfristig junge Leute heranwachsen, die mehr Augenmerk auf ihre Pflichten legen als auf ihre Rechte.
Den wenigsten ist bekannt, dass eine Klage auch drei Jahre rückwirkend eingereicht werden kann. Trotz magerer Judikatur gilt diese als praktikantInnenfreundlich, da im Zweifelsfall von einem Arbeitsverhältnis inklusive aller Rechte auszugehen ist und nicht von einem Ausbildungsverhältnis. „In Österreich braucht es mehr mutige PraktikantInnen, die ihre Rechte einklagen“, meint Veronika Kronberger. Es fehle hierzulande an einer Protestkultur wie in Italien oder Frankreich, wo junge Menschen für ihre Rechte auf die Straße gehen.
In Frankreich haben die Proteste der „generation precaire“ zu einem Verbot unbezahlter Arbeit geführt. Auch wenn die Politik nur schleppend auf die Wildwüchse bei Praktika reagiert, sei das Problembewusstsein in Österreich durchaus vorhanden, so Kronberger. 2012 wurden im Rahmen der Dienstrechtsnovelle unbezahlte Praktika im öffentlichen Dienst abgeschafft. Mit dem Gütesiegel Praktikum – einer Initiative der Österreichischen HochschülerInnenschaft, der Arbeiterkammer, der Gewerkschaft GPA-djp und der Plattform „Generation Praktikum“ – werden seit 2011 Unternehmen ausgezeichnet, die entlang definierter Kriterien Praktikantinnen und Praktikanten einstellen. Wie sehen faire Praktika aus? Laut der Plattform sind solche zeitlich begrenzt, unterliegen gängigen Standards sozialer Sicherung, werden angemessen vergütet, im Rahmen der Ausbildung absolviert und knüpfen inhaltlich an diese an.

Kein „Arbeitsrecht light“

Arbeiterkammer und ÖGB fordern klare gesetzliche Regelungen, dass Pflichtpraktika nur im Rahmen echter Arbeitsverhältnisse zulässig sind. Dies auch in den Lehrplänen zu verankern ist insofern dringend, da ab dem Schuljahr 2014/15 auch in Handelsschulen und Handelsakademien Praktika absolviert werden müssen. Die Zahl der Pflichtpraktika erhöht sich damit von rund 19.000 auf schätzungsweise 29.000 jährlich.
Für die Plattform „Generation Praktikum“ und die GPA-djp steht fest: es darf kein eigenes Gesetz für Praktikantinnen und Praktikanten geben. „Wir wollen kein ‚Arbeitsrecht light‘ und keine ArbeitnehmerInnen zweiter Klasse. Wir wollen, dass Praktika als normale Arbeitsverhältnisse mit rechtlichen Ansprüchen und sozialer Absicherung gelten!“, so Veronika Kronberger. Die Vorsitzende der Plattform zeigt sich optimistisch, dass ihre Forderungen in der Politik Gehör finden. Die Politik habe es zwar jahrelang verabsäumt, Jugendliche in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dass mit der Ausbildungsgarantie Maßnahmen für gering qualifizierte Jugendliche gesetzt wurden, lässt Kronberger hoffen, dass nun auch gut qualifizierte Jugendliche die nötige politische Aufmerksamkeit erlangen.
Tatsächlich scheint Österreich im EU-Vergleich eine Insel der Seligen zu sein. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt mit 9,3 Prozent weit unter dem EU-Durchschnitt von 23,4 Prozent (AMS, Stand: Juli 2013). Dennoch ist das keine Einladung zum sorglosen Zurücklehnen, denn die Verschlechterungen in den Nachbarländern machen vor Grenzen nicht halt. In Italien nennt man Jugendliche bereits die „1.000-Euro-Generation“. Auch hierzulande wird dafür plädiert, die „Generation Praktikum“ in „Generation prekär“ umzubenennen.

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  • Interview vom 11. Juli. 2013 auf Radio FM4
„Unbezahlte Praktika gehören verboten“
Praktika unterliegen in Österreich in der Praxis nicht dem regulären Arbeitsrecht. Veronika Kronberger spricht über die akuten Probleme und die Situation in anderen europäischen Ländern.
Hier geht es zum Beitrag.
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Das Interview mit Roland Gratzer zum Nachlesen:

„Unbezahlte Praktika gehören verboten“

Praktika unterliegen in Österreich nicht dem regulären Arbeitsrecht. Veronika Kronberger von der „Plattform Generation Praktikum“ spricht über die akuten Probleme und die Situation in anderen europäischen Ländern.

Veronika Kronberger

Veronika Kronberger ist die Vorsitzende der Plattform Generation Praktikum, die sich seit 2006 mit Forschung zum Thema beschäftigt, gemeinsam mit anderen Plattformen im Ausland arbeitet und verschiedene Informationsveranstaltungen zum Thema abhält.

Weitere Infos zu Rechten von PraktikantInnen gibt es bei der Gewerkschaft

Was kann das Wort „Praktikum“ alles bedeuten?
Das ist deshalb eine sehr schwierige Angelegenheit, weil das Wort Praktikum für ganz unterschiedliche Dienstverhältnisse angewendet wird. Die meisten kennen das klassische Ferialpraktikum, das von SchülerInnen absolviert wird. Es gibt Pflichtpraktika, das sind die, die entweder von der Universität oder Hochschule im Curriculum vorgeschrieben werden. Es gibt aber auch in Schulen Pflichtpraktika, die absolviert werden müssen, um in die nächste Klasse aufzusteigen. Dann gibt es sogenannte Volontariate, die sind rein ehrenamtlich, da darf man nicht in den Betrieb eingebunden sein. Da geht es nur ums „Schnuppern“ und man kann kommen und gehen, wann man will. Und dann gibt es eben reguläre Dienstverhältnisse, die von vielen Praktika genannt werden, aber eigentlich keine sind. Einen Mindestlohn gibt es für keine dieser Gruppen.

Gibt es dann wenigstens eine maximale Arbeitsdauer?

Auch das gibt es leider nicht. Es wird zwar vorgeschrieben, dass viele Praktika nicht hintereinander absolviert werden dürfen. Es heißt, dass sie ein halbes Jahr nicht überschreiten sollten. Erfahrungsgemäß ist es aber so, dass viele Unternehmen – auch staatliche – die Verträge gerne immer wieder verlängern, dazwischen ein, zwei Monate Pause einlegen, dann wird wieder ein neues Praktikum begonnen. De facto befindet man sich also oft in einem regulären Anstellungsverhältnis, wird aber immer wieder kurzfristig als Praktikantin oder Praktikant angestellt.

Das klingt nach einer sehr verfahrenen Situation. Wie ist es dazu gekommen? Waren die PraktikantInnen immer allen egal?

Das möchte ich so nicht unterstellen. Die ursprüngliche Idee war ja gar nicht bösartig. Es sollte damit jungen Menschen der Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert werden. Was de facto von den Unternehmen aber daraus gemacht wird, ist dass ganze Stellen durch PraktikantInnen langfristig ersetzt werden. Das bedeutet: Angestellte werden reduziert und dafür immer wieder aufs Neue Halbjahres-PraktikantInnen aufgenommen. Die sind in ganz vielen Branchen und Betrieben mittlerweile absolut notwendig, um den laufenden Geschäftsbetrieb am Laufen zu halten. Und so sollte es eigentlich nicht sein.

Praktika können natürlich dazu genutzt werden, Berufserfahrung zu sammeln. Haben PraktikantInnen einen Anspruch auf eine „sinnvolle Tätigkeit“?

Was arbeitsrechtlich und auch in der Idee des Praktikums sein sollte, ist eine Mischung aus Arbeits- und Ausbildungsverhältnis. Das heißt, die jeweiligen Tätigkeiten sollten mit dem Ausbildungsziel der jeweiligen Bildungsinstitution übereinstimmen. Ich sollte keine niederen Hilfstätigkeiten verrichten oder regulär arbeiten, sondern tatsächlich etwas lernen. Wenn dem nicht so ist, dann absolviere ich kein Praktikum, sondern befinde mich in einem Dienstverhältnis. Falls so etwas passiert, kann ich das drei Jahre rückwirkend einklagen. Ich kann zur Gewerkschaft gehen und um Vertretung bitten, weil ich im Nachhinein als Angestellte bezahlt werden muss. Weitere Anlaufstellen für Probleme bei Praktika sind die Arbeiterkammer oder die ÖH.

Immer mehr Studienrichtungen verlangen Praktika. Gibt es von seiten der Unis oder FHs Unterstützung, so einen adäquaten Praktikumsplatz zu finden?

Jein. Vorgeschrieben wird einmal gar nichts. Gerade in den Geisteswissenschaften ist es irrsinnig schwer, da irgendeine Form der Unterstützung zu finden. Die WU hat aber zum Beispiel ein eigenes Programm, das die Studierenden vor allem im Bereich der Auslandspraktika vermitteln will. Dafür braucht’s aber immer ein wenig Glück und es ist von der jeweiligen Hochschule abhängig.

Wenn Studierende ein Pflichtpraktikum absolvieren müssen aber einfach keines finden, was sind dann die Konsequenzen?

Die schlimmste Konsequenz ist natürlich die, dass man sein Studium nicht abschließen kann. Das führt dann natürlich wieder dazu, dass sich viele PraktikantInnen ausbeuten lassen, eigentlich normale Arbeit verrichten und dass sie ihr Praktikum unbezahlt absolvieren. 60 Prozent der Studierenden, die ein Pflichtpraktikum machen, bekommen kein Geld dafür. Das heißt, die PraktikantInnen sind in einer sehr schlechten Situation. Umgekehrt wissen die Unternehmen, dass die PraktikantInnen zu ihnen kommen müssen und haben damit ein Freispiel.

Welche Unternehmen haben sich als besonders fair gegenüber den PraktikantInnen ausgezeichnet?

Es gibt das „Gütesiegel Praktikum“, das von der ÖH, der Arbeiterkammer und der Plattform Generation Praktikum ins Leben gerufen worden ist. Damit werden Unternehmen ausgezeichnet, die sich unter anderem dazu verpflichten, adäquate Ansprechpersonen zur Verfügung zu stellen, dass das Ausbildunsziel im Arbeitsvertrag festgeschrieben wird und die PraktikantInnen versichert werden müssen. Bis jetzt haben 24 Unternehmen dieses Gütesiegel erhalten.

Wie sieht die Situation in anderen Ländern aus?

Sehr unterschiedlich. In Frankreich wird zum Beispiel seit Jahren dagegen gekämpft, dass gratis gearbeitet wird. Seit kurzem gibt es dort jetzt ein Gesetz, das unbezahlte Praktika verbietet. In England ist die Situation viel dramatischer. Da werden Praktikumsplätze von den Unternehmen versteigert und die potentiellen PraktikantInnen müssen mitsteigern und Geld investieren, um überhaupt einen Platz zu bekommen.

Der Worst Case wäre, im Studium unbezahlte Pflichtpraktika zu absolvieren und nach dem Abschluss gleich direkt in ein prekäres Arbeitsverhältnis rutscht.

Noch schlimmer. Es gibt die sogenannten graduierten PraktikantInnen. Das sind AkademikerInnen, die nach dem Studium weiter in der Praktikumsschleife hängen. Viele Studien haben gezeigt, dass diese Menschen ihre Arbeitsmarktchancen noch weiter verschlechtern. Da wäre es sogar klüger, nach dem Studium mal ein halbes Jahr arbeitslos zu sein, als weiterhin PraktikantIn zu sein.

Vor zwei Jahren hat ein österreichischer Minister gesagt, dass es „diese Generation Praktikum“ gar nicht gibt und ein „Mythos“ sei. Warum sagt er das?

Es wäre strategisch natürlich relativ unklug, zuzugeben, dass dieses Phänomen besteht und diese Problematik da ist. Denn dann müsste man ja tatsächlich etwas dagegen tun.

Was gehört auf politischer Ebene so schnell wie möglich geändert?

Praktika sollten auf jeden Fall dem normalen, regulären Arbeitsrecht unterliegen, so wie alle anderen Arbeitsverhältnisse auch. Das heißt: Unbezahlte Praktika gehören verboten.

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  •  Artikel „Zu wenig, um zu leben. Zu viel, um zu sterben“ im Jüdischen Echo Vol.61 2012/13 mit dem Thema „Jugend im Aufbruch: Gestern, Heute, Morgen“
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Der Artikel „Zu wenig, um zu leben. Zu viel, um zu sterben“ zum Nachlesen:
Die Plattform Generation Praktikum besteht seit 2006 und konstituiert sich als Verein. Die Aktivitäten der Plattform umfassen die Erforschung des Phänomens Praktikum, die Initiierung von und Mitarbeit an diversen Projekten wie dem Gütesiegel Praktikum und Forum Hochschule, sowie die Durchführung von Vernetzungsgesprächen, und Veranstaltungen.


Aus dem Bedürfnis heraus die öffentliche Diskussion über Praktika mit Zahlen und Fakten zu unterstützen, führte die Plattform 2006 eine Online-Erhebung durch, die Studie „Arbeit ohne Wert? Strukturmerkmale der PraktikantInnen-Beschäftigung im Hochschulkontext in Österreich“. Erschienen im Juli 2007, sie stellte die erste Studie zur Praktika Problematik dar.
Ein Drittel der untersuchten Praktika fand unentgeltlich statt, bei einer Arbeitszeit von 31 bis 40 Stunden in der Woche von über der Hälfte der Befragten und jedeR Siebte machte Überstunden. Dabei waren zwei Drittel aller PraktikantInnen der Meinung, dass sie die selbe Arbeit leisteten wie ihre KollegInnen.
Weil unbezahlt zu arbeiten bedeutet, das Geld für die Existenzsicherung anderweitig bezogen werden muss, wurden über 80 Prozent der Befragten durch ihre Eltern unterstützt, jedeR zweite PraktikantIn bekam Beihilfen und griff auf Erspartes zurück, während jedeR Vierte neben dem Praktikum noch anderweitig erwerbstätig war.
Des weiteren zeigten die Ergebnisse, dass Frauen häufiger PraktikantInnen waren und auch insgesamt mehr Praktika absolvierten.

Die zweite Studie „PraktikantIn gesucht! Eine explorative Analyse des Praktika-Stellenmarktes in Österreich“ wurde im Sommer 2009 veröffentlicht, sie erfasste die Inserate für Praktika im Mai 2008 in sieben Online-Jobbörsen in Österreich.
Es stellte sich dabei heraus, dass StudentInnen und AbsolventInnen die meist adressierten Zielgruppen sind, über die Hälfte der Inserate spricht Personen aus dem Hochschulkontext an. Unvollständige Angaben im Hinblick auf Arbeitsbedingungen sind in diesen die Regel, am häufigsten fehlt die Information über die Beschäftigungsart.

Die Mitentwicklung am „Gütesiegel Praktikum“ der ÖH Bundesvertretung der Österreichischen HochschülerInnenschaft 2010 war ein weiteres wichtiges Anliegen der Plattform.
Denn das Gütesiegel ist ein wichtiger Schritt in Richtung Qualitätssicherung und Fairness bei Praktika und kann als Messlatte dafür gesehen werden was ein gutes Praktikum hinsichtlich Inhalt, Rahmenbedingungen und Vertrag ausmacht.

Seit 2011 hat sich die Vernetzung intensiviert. Die enge Zusammenarbeit zeigt sich auch daran, dass VertreterInnen der AK Wien und der ÖH Bundesvertretung bei der Plattform Generation Praktikum vertreten sind, um sich gemeinsam für adäquate Praktikabedingungen einzusetzen.

Auch in Zukunft gibt es einige Projekte, die die Plattform in ihrem wissensbasierten Zugang angehen wird. Unter anderem werden Sensibilisierungsworkshops im Schulbereich zu konzipiert oder die Interessen von PraktikantInnen werden in verschiedenen Arbeits- und Projektgruppen eingebracht und vertreten. Ebenso geht natürlich die Vernetzungsarbeit mit den zwei zentralen Interessensvertretungen im Praktika-Bereich, der AK und ÖH, weiter.

Es folgt einer der Erfahrungsberichte aus der Sammlung der Plattform Generation Praktikum, nachzulesen auf http://www.generation-praktikum.at.

„Zu wenig, um zu leben! Zu viel, um zu sterben!“

Wie Unternehmen mit Hilfe des AMS falsche Tatsachen vorspiegeln. Ein Erfahrungsbericht.

Anfang 2008 begann ich ein Praktikum bei einer Art online-Medium, welches letzten Endes ganze drei Monate dauern sollte. Nach dem anfänglichen Eindruck, dass ich mit unnötigen Tätigkeiten beschäftigt werden sollte (z.B. Artikel immer wieder, tagelang, umschreiben, weil „das holpert noch, weißt!?“), fand ich doch Gefallen an den mir gestellten journalistischen Aufgaben in der Redaktion.

Als momentan neue Texte benötigt wurden, war ich plötzlich fähig Artikel regelrecht aus dem Ärmel zu schütteln und die Redaktionsleitung war über meine Arbeit „überaus zufrieden und begeistert“. In den folgenden Wochen machte mir die Redaktionsleitung immer wieder Hoffnung auf eine feste Anstellung. Auf mehrmalige Nachfrage wurde mir auch versichert, dass die Tatsache meiner Inskription an der Universität Wien dieser Anstellung nicht im Weg stehen würde. Ich sollte mich jedoch „weiterhin fleißig zeigen und bemühen“ damit man eine Anstellung – wenn es dann soweit ist – dem Chef gegenüber „rechtfertigen kann“.

Die letzten beiden Wochen meines redaktionellen Praktikums waren geprägt von Ausweichmanövern der Redaktionsleitung, die mir – als sich doch die Gelegenheit bot, sie zur Rede zu stellen – fahrig vor den Latz knallte, ich hätte mir eben „selbst etwas überlegen müssen“ und man einfach „wissen muss, worauf man sich einlässt. C’est la vie!

Eingelassen hatte ich mich laut Inserat auf ein „Praktikum mit leistungsgerechter Bezahlung mit Möglichkeit auf Festanstellung“. Bei der „leistungsgerechten Bezahlung“ handelte es sich um €200.-/Monat à 26Std./Woche; das macht den satten Stundenlohn von ca. € 1,9.- aus.

Ein Auszug der WGKK bestätigte meine Vermutung, dass ich von dem Unternehmen im Zuge des Praktikums nie angemeldet worden war und es sich bei diesem sog. „Praktikum“ um nichts anderes als Schwarzarbeit gehandelt hat.

Angestellt wurde ich aus folgenden Grund nicht: alle Stellen des Unternehmens werden von einer sog. „Arbeitsstiftung“ des AMS finanziert, worauf all jene Menschen keinen Anspruch haben, die an einer österreichischen Hochschule inskribiert sind. Die in Aussicht gestellte Anstellung erhielt ich folglich nicht, weil ich mich weigerte, mein damals eben erst aufgenommenes Doktoratsstudium „zwei Jahre auf Eis zu legen“.

G., 25 Jahre, Maga. phil. (abgeschlossenes Studium: Publizistik- und Kommunikationswissenschaft)

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Der Kommentar zum Nachlesen

Ungleichheit zwischen den Geschlechtern durchzieht nicht nur die Arbeitswelt auf vielfältige Art und Weise, auch im während Ausbildung und dem Übertritt in den Arbeitsmarkt zeigen sich systematische Unterschiede. Das Praktikum liegt an dieser Schnittstelle und bleibt davon nicht verschont.

An den Unis wurden in den letzten Jahren Praktika vermehrt als verpflichtender Bestandteil in Studienpläne eingebaut. Die Studierenden-Sozialerhebung 2009 zeigt, dass 49% aller Studierenden bisher freiwillig oder verpflichtend ein oder mehrere Praktika absolviert haben und der Anteil ansteigt ,je länger die StudentInnen an der Uni sind. Beinahe die Hälfte (45 %) aller Praktika sind unbezahlt und nicht nur absolvieren Frauen mehr Praktika als Männer, sie arbeiten auch sind auch deutlich häufiger unbezahlt.

Auch jenseits von Pflicht- und Freiwilligenpraktika an der Uni ist das Praktikum ein zweischneidiges Schwert. Selbst- und Fremdausbeutung im Rahmen unbezahlter oder sozial nicht abgesicherter Praktika ist ein reales Risiko dem Uni-AbsolventInnen beiderlei Geschlechts ausgesetzt sind, wenn sie in den Arbeitsmarkt einsteigen wollen. Besonders häufig sind dabei der Sozialbereich und die kreativen Branchen betroffen.

Dies vor Augen, will die Plattform „Generation Praktikum“, vernetzt mit ähnlichen Initiativen wie der Génération-Précaire (Frankreich) oder Fair Work in Deutschland, heute zur Diskussion anregen, durch die Erforschung des Phänomens Praktikum, diverse Projekte wie dem „Gütesiegel Praktikum“ der ÖH oder Vernetzungsgespräche und Veranstaltungen.

Ein klar definierter, rechtlicher Rahmen und eine ausreichende soziale Absicherung für Praktika sind das Ziel der Plattform. Auf Europäischer Ebene gibt es mittlerweile sogar eine Charta für Qualitätsstandards im Praktikum, ein kleiner aber notwendiger Schritt in die richtige Richtung.

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